Sonntag, 25. April 2010

CHANNNNga-duunng-PAHHHHH-pahDAHHHngka-dooonnng-DAHga-doongha... - Per Anhalter durchs Netz (Serie, Teil 8)



Puh, wieder richtig zur Uni gehen ist richtig anstrengend. Da verspürt man fast Lust, Spontanurlaub in den Schweizer Bergen zu machen. Aber man kann ja nicht immer nur seinen Neigungen nachgeben, sondern muss auch arbeiten. Jedenfalls wenn man als Mitteleuropäer nicht aus der Mitte der Gesellschaft fallen möchte. Arbeiten? Ja, zum Beispiel am Blog. Und Ihr habt Glück, meine Folk-Phase ist noch immer nicht zu Ende. Neulich ist mir beim Aufräumen eine meiner liebsten CDs von früher in die Hände gefallen: "Degrees Of Gone" von Pat MacDonald. Ein Musiker aus Wisconsin (das ist oberflächlich betrachtet ungefähr so aufregend wie ein Philosoph in Kansas...), der in Europa, so weit ich weiß, gänzlich unbekannt ist. Aus diesem Grund möchte ich Euch heute mit einem Mann bekannt machen, der es auf merkwürdige Art und Weise schafft, Blues, Folk und Metal zu vereinen. Neugierig?

 Pat MacDonald - Baby Love

Jemand, der bei seinen musikalischen Vorbildern gleich dreimal Dylan angibt,  den Klang seiner Musik selbst folgendermaßen beschreibt: "CHANNNNga-duunng-PAHHHHH-pahDAHHHngka-dooonnng-DAHga-doongha.." und den gesamten Sound völlig allein macht muss einfach rocken. Und richtig, Pat MacDonald kann es einem ganz schön antun!! Leider tritt er fast ausschließlich in Wisconsin auf. Dorthin kann man nicht trampen, oder?

Er hat im übrigen auch ganz phantastische Cover-Versionen von unendlich runtergenudelten Songs gemacht, zum Beispiel "Personal Jesus" und (besonders großartig) "Stripped". Diese Musik ist im streng Helgeschen Sinne das Gegenteil von Jazz. You know what I mean! Grüße vom Netz ins All.

Sonntag, 18. April 2010

Ohrwurmalarm: Per Anhalter durchs Netz (Serie, Teil 7)

Am liebsten würde ich wieder einen Song von Emily empfehlen, meine Emily-Phase ist noch lange nicht vorbei!! Zum Glück gibt es ein neues Album. Ich würde auch gerne etwas über eine andere Frau aus dieser Liga posten, weil mir die gute Leslie heute (zusammen mit einem sehr schönen Gefühl und einem Lächeln  im Kopf - danke dafür und fürs mit Emily bekannt machen!) den eigentlich furchtbaren Tag gerettet hat. Allerdings kennt wohl jeder der verehrten Blogverfolger die Kanadierin schon lange, lange beim Vornamen. Also musste ich mir was anderes überlegen und bin bei einer Band gelandet, die zwar nicht zu diesem Sonntag passt (momentan ist Akustik-Musik-Zeit), aber ziemlich fetzt. Ich danke dem geschätzen Empfehler (dem ich das weiterempfehlen versprochen hatte, was ich hiermit einlöse) und präsentiere einen absoluten Ohrwurm:


Beat! Beat! Beat! - Fireworks
 
Um Verwirrung zu vermeiden, kläre ich gleich auf: Mit dem Bandnamen ist  nicht der Schweizer Vorname gemeint ;) Genug gekalauert. Ich finde, den Jungs merkt man gar nicht an, dass sie nicht von der Insel kommen! Sie kommen vielmehr vom Niederrhein. Auch daher muss gute Musik kommen. Nicht immer nur aus  Basel, Hamburg und Berlin!! Wie ich heute beim Frühstück gelernt habe, kommt zuweilen sogar sehr schlechte Musik aus Berlin. Fragt mich bei Gelegenheit danach, ist eine sehr lustige Geschichte. Kurz und knackig verabschiede ich mich in einen Traum von Kambodscha. Allnä ä guets Nächtle!

Konzerttermineregisterauszug:

08.05.2010: Leipzig
21.05.2010: München
27.05.2010: Hamburg


Ja, ich finde es völlig ok, mit Fotos von nackten Musikern die Aufmerksamkeit meiner Leser zu erregen. Das ist nur fair, bei den Damen geht es ja fast nicht ohne nackedness. That's business! Außerdem haben sie das Foto selbst bei MySpace reingestellt. Insofern denke ich, geht das klar.

Sonntag, 11. April 2010

Dylan als Frau: Per Anhalter durchs Netz (Serie, Teil 6)

Oh nein! Es ist Sonntag, fast hätte ich meine Lieblingsrubrik vergessen. Ok, heute stand mein Umzug auf dem Programm, aber das ist ja keine Entschuldigung: Über Musik muss berichtet werden! Vor allem weil ich in dieser Woche musikalisch so dermaßen monogam gelebt habe, wie ich es normalerweise nur in Bezug auf Neil und Bob zu tun pflege. Bob ist ein gutes Stichwort. Der war ja mal Folksinger, bis er keine Lust mehr darauf hatte und sich einen anderen Spielplatz gesucht hat. Folk und in ihrer schlichten Schönheit sehr dylanhafte Musik macht auch diese Frau:

Emily Jane White

Musik-Kritiker nennen das Phänomen Dark Folk. Ich bin dafür, dass wir keinen Maschendrahtzaun um unseren Musikgeschmack spannen, sondern uns der Musik hingeben. Mich stimmt sie nämlich nicht dunkeltraurig-düsterschwarz, also nenne ich es auch nicht Dark Folk. Aber das soll jeder handhaben, wie er will. Bei mir kann jeder machen, was er will.

Nachdem ich das Album Dark Undercoat gefühlt hunderttausend-millionenmal gehört habe, fällt es mir natürlich schwer, DEN Song heraus zu suchen, mit dem ich Euch an die wundervolle Emily heranführen kann. Ich habe mich für Time on your side entschieden, weil es der allererste Song war, den ich von ihr gehört habe, wie mir mittlerweile wieder eingefallen ist...


Emily Jane White - Time on your side
 
Bei dem Titel hatte ich natürlich an den gleichnamigen Stones-Song denken müssen. Nichts gegen Mick und Keith, das sind auch schöne Frauen, aber Emilys Auslotung dieser Phrase, ist wesentlich poetischer und philosophisch-gehaltvoller. Schließlich bewegen wir uns hier auf dem schmalen Grat zwischen φ, [ˈʃpʀaːχə], ♪♪ und dem, was "das Leben" genannt wird.
Not much to do when you've got time on your side, you sit and think about your wasted life. I try to move, change things through and through.
Ab und an sollte man zurückblicken, einen Song auf repeat stellen, die Zeit für sich arbeiten lassen und sich bewegen. Ab und an hilft es, die eigene Unrast zu verlieren und im Gegenzug festen Boden unter den Füßen zu gewinnen. Ab und an sollte man sich weit weg träumen. Ab und an sieht man bei geschlossenen Augen die ganze Welt vor sich liegen. Ab und an betrachtet man die eigenen Hände und bemerkt, dass man älter geworden ist. Ab und an begreift man, dass es genau darum geht, dass das Leben genau daraus besteht: älter werden. Ab und an versteht man, dass man Momente nicht festhalten kann. Ab und an schimmert die Kontingenz des Lebens durch den Stoff des Alltags. Ab und an sollte man sich frei machen und nackt in einen See springen. Ab und an muss man ausziehen, weil Ameisen bei einem wohnen. Oder Igel. Ab und an gesteht man sich ein, dass man Freunde von früher verloren hat und trauert ihnen noch eine Weile nach wie einer verlorenen Liebe. Ab und an reißt der Strom der neuen Leute, die man kennen lernt, nicht ab und man vergisst, wem man was erzählt hat. Ab und an ist man vier Abende in Folge betrunken. Ab und an fühlt man Musik ganz tief im Herzen. Ab und an hat man einen Satz im Kopf. Ab und an hat man eine Idee. Ab und an sollte man die Zeit anhalten können. Ab und an weiß man, dass Freiheit ein Kontinuum ist und dass die Liebe ein Loch in die Freiheit reißt...

Mittwoch, 7. April 2010

Macht Eure Flure zu Salons!! Sonderausgabe von: Per Anhalter durchs Netz (Serie, Teil 5)

Heute möchte ich Euch von einem ganz wunderbaren Konzert berichten, dass mir eine Ostermontagsonderausgabe der Musikempfehlungsserie "Per Anhalter durchs Netz" wert ist, weil es mir erstens neue Musik zu Gehör brachte, zweitens ganz wundervoll atmosphärisch war und drittens in sich die Idee für eine neue Salon-Kultur barg. "Oh nein!" denkt sich nun der mittlerweile abgeneigte linguistische Leser: "Jetzt schreibt sie auch noch Konzertkritiken. Was hat das denn noch mit Sprache zu tun?" Tja, manchmal muss man um die Ecke denken, um zum Ziel zu kommen. Es gibt zum Beispiel Leute, die sich einen Namen als Musikkritiker gemacht haben, indem sie nie erschienene Platten rezensierten. Warum soll also Musik uns nichts über Sprache sagen? 

Meine hehren Ansprüche eines linguistischen Blogs versanden in popkultureller Bedeutungslosigkeit? Pah! Wer so denkt, sollte sich die Genfer Blogkonvention noch einmal genauestens durchlesen. Ich könnte jetzt diese Definition kommentieren und erklären, was mir laut derselben zu einem Vollblut-Bloggenden noch fehlt (hier die Antwort, bitte den Link nur anklicken, wer starke Nerven hat). Aber um die Ecke nicht zu gigantomanisch zu gestalten, damit ich nachher noch bequem drum herum passe, beende ich an dieser Stelle den fiktiven Dialog mit meinem potentiellen popkulturfeindlichen Blogleser und komme zum Kern der Sache: zum Konzert.

Liebenswerterweise bin ich nämlich am Ostermontag zu einem Flurkonzert namens "Aus der Diele" eingeladen gewesen. Es war wirklich etwas  sehr Besonderes. So etwas geht nur in Leipzig mit seinen hundertmeterlangen Altbauwohnungsfluren und nur in einem derart privaten Rahmen mit maximal vierzig Zuhörern! Gespielt haben zwei oder vier Bands, je nachdem wie man zählt. Ich will sie hier mal eben verlinken, damit Ihr Euch selbst ein Bild machen könnt:

# chip kanonee (Leipzig/Berlin) # myspace.com/chipkanonee

# Annalena Bludau (Bremen)  # myspace.com/annalenabludau

# binoculers (Hamburg) # myspace.com/binoculers

# the canoe man solo (Bremen) # myspace.com/thecanoemanmusic

Nun ein paar erklärende Worte zu der merkwürdigen Zählweise. Es ist nämlich so, dass chip kanonee unter anderem aus einem Bewohner der Wohnung, in der das Flurkonzert abgehalten wurde, bestand. Sie haben wunderbare Akustik-Songs ohne jeden Verstärker gespielt und es war eine gewisse Kanada-Lastigkeit in der Auswahl der Stücke zu  beobachten, die mir als altem Neil-Young- und mittelaltem Feist-Fan natürlich außerordentlich gefiel. Akustik im Salon - wäre ein schöner Titel für so eine Veranstaltungsreihe...

Die drei Künstler anderen Künstler indes machen eigentlich eigenständig und solo Musik, derzeit aber touren sie miteinander. Sie machen eine ABC-Tour (Wer drauf kommt, warum die Tour so heißt, kriegt ein Eis.):

Dieses Konzept war mir bis dato nicht bekannt, aber es funktionierte ganz wunderbar. Während einer im Vordergrund seine Musik vortrug, begleiteten ihn die anderen im Hintergrund auf diversen Instrumenten. Es schien jeder alles spielen zu können. Die Übergänge waren fast fließend. Eine wirklich beeindruckende Vorstellung mit Gänsehaut und allem drum und dran.

Und warum schreibe ich das überhaupt alles? Natürlich um Euch zunächst geistig und später vielleicht auch physisch daran teilhaben zu lassen, denn erfreulicherweise hat die ABC-Tour soeben erst begonnen. Weitere Termine sind:

07. April 2010     20h     Großhennersdorf, Alte Bäckerei
08. April 2010     20h     Görlitz, Stille Post
11. April 2010     20h     Katowice (PL), Oldtimers Garage
14. April 2010     21h     Berlin, Ä
16. April 2010     20h     Bremen, Zucker w/Tripping The Light Fantastic
05. Mai   2010     20h     Hamburg, MBC

Aber auch nach Basel, Dresden und Italien wird sich das Gespann teilweise aufmachen. Was fällt auf? In Berlin geht's erst um 21 Uhr los. Diese Stadt der Verspätungen...

Und wieder nörgelt in meinem Kopf ein imaginärer Leser: "Was hat das alles jetzt mit Sprache zu tun?" Mein netter neuer Mitbewohner hat mich heute auf Adorno aufmerksam gemacht. Er schreibt in "Quasi una fantasia" über Sprache und Musik folgendes:
 "Musik ist sprachähnlich. Ausdrücke wie musikalisches Idiom, musikalischer Tonfall, sind keine Metaphern. Ihre Sprachähnlichkeit weist den Weg ins Innere, doch auch ins Vage. Wer Musik wörtlich als Sprache nimmt, den führt sie irre."
Sich zu verirren, ist doch eine gute Mission! Wir sind um die Ecke und der fiktive Nörgler ist ebenfalls um die Ecke gebracht. Von nun an wird über Musik geschrieben, wie es uns passt. Gute Nacht und bis bald im Salon...

Sonntag, 4. April 2010

Das Übel des Praktikums: Per Anhalter durchs Netz (Serie, Teil 4)

Wieder eine Woche rum, eine österliche diesmal. Und auch wenn der geneigte genervte Bloglesende sich denkt: "Och nö! Nicht schon wieder die Schweiz!! Blöde Paula immer mit ihrer blöden Schweiz!", so mache ich - dylanesk unabhängig von meinem Publikum wie ich nun einmal bin - dennoch wieder Schweizer Musik zum Thema. Ich danke für neue Anregung aus der nördlichen Ecke der Republik, muss diese allerdings zugunsten von etwas Grandiosem noch etwas zurückstellen. Außerdem keine Sorge: heute wird es nicht 90er-Jahre-kitschig sondern politisch! Es gibt eine Kritik an einem der größten Übel unserer Generation auf die Ohren, es wird sozialkritisch, selbstironisch und musikalisch ausgereift, es geht um das Übel des Praktikums...

Ich möchte heute Sä Scheriffanisch Kapäll vorstellen, eine der drei international erfolgreichen Bands unseres wundervollen Couchsurfing-Gastgebers Scherriff Dünklimoser. Nachdem er uns bekocht, mit einer Spontanparty beglückt, mit neuer Musik versorgt und an sich wahnsinnig liebevoll aufgenommen hat und wir uns außerdem auch am nächsten Morgen nicht mit einem Messer erstochen vorfanden, hat er uns am Tag unserer Abreise sogar ein Liedchen auf der Gitarre vorgespielt. Es war wunderbar! Ich fahr allgemein ziemlich drauf ab, wenn mir jemand seine Musik vorspielt und Annika bekam immerhin einen ihrer Lieblingssongs von den Beatles dargeboten. Ich hoffe, ich habe Euch neugierig gemacht, denn ich muss die Liebe zu dieser Musik einfach mit Euch teilen. Seit wir uns verabschiedet haben, höre ich die Songs mindestens dreimal am Tag und hab sie immer noch nicht über. Ich wünsche Euch also viel Spaß beim Nachdenken über die Unsitte des Praktikums, bei der Feststellung der Ähnlichkeit von Sä Scheriffanisch Kapäll mit dem bereits etablierten Musiksatiriker Marc-Uwe Kling* und beim Verliebtwerden in die wunderbare Musik, die der Schweiz entstammt.

Sä Scheriffanisch Kapäll - gängschter vo wohle hindertaun
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* Viel besser hätte natürlich eine Verlinkung auf "Generation Praktikum" von Marc-Uwe Kling gepasst, aber ich bin leider bei YouTube nicht fündig geworden, wenn mir da jemand aushelfen kann, nur zu.