Sonntag, 16. Mai 2010

do what you do: Per Anhalter durchs Netz (Serie, Teil 11)

Ein Phänomen sprachlicher Natur, das mich schon seit längerem beschäftigt, ist die Tautologie. Genau genommen interessiert mich dabei nicht die schnöde aussagenlogische Tautologie, die ihrerseits schnöde aussagenlogische Wahrheiten verkündet ("Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt wie es ist." oder, diese Wendung illustriert das noch viel besser: "Was liegt, liegt."), sondern die rausgerutschte Tautologie, die uns immer wieder in unserem alltäglichen Sprechen passiert ("Der Südplatzspäti, der Späti am Südplatz."). Warum äußern wir etwas derart Überflüssiges, wo doch nach dem Kooperations- und Konversationsprinzip von Grice  Redundanz eine Sünde ist? "Pah, komm uns doch nicht mit diesem Old-School-Linguisten und seiner starrsinnigen Prinzipienreiterei!!" werden meine postdekonstruktivistischen linguistischen Widersacher jetzt maulen... "Ihr habt Euch zu wenig mit dem mentalistisch denkenden Grice beschäftigt." werde ich zurückmaulen. Beide Seiten verschränken die Arme, ziehen eine beleidigte Schippe, müssen nach einem kurzen Western-Anstarr-Duell aber grinsen und fallen sich dann lachend in die Arme. 

Zurück zu den Tautologien im Alltag. Wenn wir sie so unwillkürlich äußern, dann haben sie wohl auch einen Mehrwert an Information, oder? Natürlich haben sie den, klärt uns das sprachwissenschaftliche Wörterbuch auf - stilistisch, metaphorisch... Manchmal sind sie aber auch tatsächlich redundant ("ich persönlich") oder redundant aus Unkenntnis ("LCD-Display", "Guerillakrieg"). Aus gesprächsanalytischer und auch psycholinguistischer Sicht sind beide Formen interessant, weil sie uns Aufschluss geben könnten über semantische Felder und (damit zusammenhängend) über die logische Strukturen, in denen wir die Welt organisieren (Oder in denen die Welt organisiert ist? Was würde Kant sagen? Was würde Keith Richards tun?). Warum ist es nötig zu sagen, dass man ein "innerliches Gefühl" hat oder ein "Einzelindividuum" ist? Das wäre ein feines Magisterarbeitsthema, die nicht ganz so selbstverständlichen Tautologien des Alltags zu sammeln und ihnen zu entlocken, wie die Welt in Worten denkt... Empirisch aber sicher schwer umzusetzen, das sehe ich ein. Darum mögen sich an dieser Stelle sowohl linguistische Widersacher wie auch Sprachästheten und nicht zuletzt Wohlgesonnene dazu aufgefordert fühlen, mir Belege zuzuspielen!

Heute ist ja nebenbei auch Sonntag - Anhaltertag. Glücklicherweise kenne ich  ein Lied, das diese theoretischen und heute ausnahmsweise mal wieder linguistischen Überlegungen hervorragend untermalt. Ich mag es so gerne, dass ich es bisher wie einen kleinen Schatz gehütet und nur besonderen Menschen gezeigt habe.


Moriaty - Jimmy
The Buffaloes used to say be what you are
The Buffaloes used to say roam where you roam
The Buffaloes used to say do what you do

So heißt es im Refrain. Und auch wenn mir dabei das schreibende Herz ein wenig blutet, denke ich fast, dass sich die großen Weisheiten, die man über das Leben sagen kann, meistens ziemlich gut in sehr einfachen Tautologien, geradezu Büffeltautologien, ausdrücken lassen. So wie man überhaupt alles große, komplizierte, schwere in einfache Worte fassen können sollte. "Es ist, was es ist." ist eine schöne Tautologie und immerhin, sie entstammt einem anderen schreibenden Herzen. Also keine bedauernden Worte mehr, sondern ein Lob auf die Schlichtheit der Tautologie! Trost kommt mit der Post.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.