Montag, 24. Mai 2010

May your song always be sung! Per Anhalter durchs Netz (Serie, Teil 12)

Wie langweilig wäre es, dem heute vor 69 Jahren geborenen Robert Allen Zimmermann mit seinem eigenen Song zu gratulieren, deswegen erlaube ich mir  gratulierenderweise nur dieses eine kleine Zitat. Ich habe mich auf die Suche nach anderen Zitaten gemacht. Fündig wurde ich in der allwissenden Wikipedia (Gibt es parallel zum "The Church of Google"-Projekt eigentlich schon ein "The Church of Wikipedia"-Projekt??):
"Ich hab halt das Glück gehabt, dass ich mit nur drei Akkorden zwanzig Lieder spielen kann - und das können eben nur drei auf der Welt - Bob Marley, Bob Dylan und ich. Ich begreif die Gitarre wirklich nur als ein Hilfsmittel, damit ich keine Gedichte aufsagen muss." - Hans Söllner, taz, 24. Oktober 1992
So ist es bestellt um Herrn Dylan, er ist vordergründig ein Poet, auch wenn er das Wort nicht mag und wer seine Musik langweilig findet, hat sich noch zu wenig in seine Texte eingehört. Nicht umsonst wird der Mann seit 1996 jedes Jahr für den Literaturnobelpreis nominiert. Gordan Ball, der amerikanischer Literaturprofessor, der diese Nominierungen zu verantworten hat, sagt dazu: "Poetry and music are linked and Dylan has helped strengthen that relationship, like the troubadours of old." Schöner hätte ich das auch nicht sagen können.

Dylan hat abgefahrene Sätze in meinen Kopf gemeißelt, für die ich ihn für den Rest meines Lebens in ausgesprochen monogamer Weise lieben werde. Man sollte sich jeden einzelnen davon genussvoll auf der Zunge zergehen lassen. Sie sind ein intellektuelles 14-Gänge-Menü.
You never ask questions when God's on your side.# Somebody got lucky, but it was an accident. # The only thing I knew how to do was to keep on keepin' on. # Name me someone that's not a parasite and I'll go out and say a prayer for him. # Even Jesus would never forgive what you do. #Time is a jetplane, it moves too fast. # Oh but what a shame that all we've shared can't last. # Her sin is her lifelessness. # But to live outside the law, you must be honest.
Wie es sich für einen Dichter gehört, hat er auch über die Liebe gesungen und dabei Gefühle so gut auf den Punkt gebracht, dass seine Sätze im Kunderaschen Sinne zu gefährlichen Metaphern werden können, die eine Liebe beginnen lassen oder begleiten oder beenden. Sein Spektrum reicht ozeanweit. Seine Lyrik untermalt zum Beispiel ein Gefühl, das sich nach zu viel enttäuschter Liebe einstellen kann: das Gefühl, dass es völlig beliebig (you just happened to be there, that's all) und zufällig (a simple twist of fate) ist, in wen wir uns verlieben, mit wem wir zusammen sind. Ihn davon singen zu hören, dass Liebe nicht gradlinig, oder chronologisch (tangled up in blue) verläuft und dabei doch ab und an herzzerreißend einfach (I want you so bad) und tiefgründig (lovin' you is the one thing I'll never regret) ist, kann so viel Trost spenden in dunklen Stunden. Mit seinen Worten würde ich mich, wenn mich mal wieder das Fernweh allzu heftig packt, gerne von allen verabschieden (just tell her that I went to Timbukto, tell her I'm searching for gold) und einfach verschwinden. In seinem Spätwerk finde ich den Trotz, der mich selten aber manchmal packt, wenn ich eine alte Liebe vergessen will, aber es nicht kann (I'm love sick, I wish I'd never met you). Die Liste ließe sich lange fortführen. Ich trage Dylan im Herzen, manchmal sogar direkt unter der Haut und eigentlich immer im Sinn. Ich habe schon einigen Menschen einen Dylan-Song "geschenkt" und immer war er mit Bedacht ausgewählt...

Schlussendlich macht Dylan eine never-ending-Tour in meinem Kopf, seit ich ihm einmal Einlass gewährt habe. Seid also gewarnt! Es gibt zur Gefahrenvermeidung einen Cover-Song, der es aber in sich hat. Cover-Songs sind noch einmal ein eigenes Kapitel für sich...

 The White Stripes - One more cup of coffee

Bob darf sich zum Geburtstag was wünschen: "Now I wish I could write you a melody so plain, that could hold you dear lady from going insane, that could ease you and cool you and cease the pain of your useless and pointless knowledge." Ich würde sagen, das hat er geschafft. Alles Liebe, alter Mann!
p.s.: Ein kleines PS habe ich noch zu verkünden, dass Euch, werte Leser, möglicherweise nicht nur nachdenklich sondern auch ein wenig traurig stimmen wird, aber ich denke, an einem Pfingstmontag ist das gestattet. You may not see me tomorrow. Behaltet diesen Satz im Kopf, wenn Ihr Euch voneinander verabschiedet, geht nicht im Bösen auseinander. Habt ihn im Sinn, wenn Ihr morgens die Augen öffnet. Tragt ihn im Herzen, so weit Ihr ihn ertragt. Das Wissen darum, dass es morgen vorbei sein kann, löst einen Schwindel in uns aus. Wir müssen ihn aushalten, dann bereichert er unser Leben. Schenkt uns statt banal verstrichener Jahre intensive gelebte Sekunden. Wir müssen dabei aber acht geben, dass er uns nicht hinfallen macht - der Schwindel des Seins.

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